Seit Jahren arbeiten Antirassisten daran, dass es weniger Rassismus gibt. Doch sie erklären uns jedes Jahr, dass es immer schlimmer wird. Wie das? Man stelle sich vor, alle Nachbarn würden einen ständig darauf hinweisen, dass man die falsche Einstellung zu der Automarke BMW hätte, obwohl man eigentlich keine Meinung hat. „Was hast Du gegen den Dreier? Der ist doch gut. Du bist ein richtiger BMW-Muffel. Du merkst es bloß nicht. Das ist ja schon strukturell, Deine Vorbehalte gegen die Marke aus München. Und ich vermute, deine Vorurteile haben eine lange Geschichte. Hat sicher was mit deinem Vater zu tun.“ Langsam, aber sicher, fängt man an, der Marke zu misstrauen, obwohl man ursprünglich vielleicht eher vorbehaltlos war. Vielleicht kriegt man sogar eine Wut auf sie. Warum? Vermutlich, weil man diese ständige belehrende Kritik hört und mit BMW verbindet. Da sagt man sich am Ende: Mit dem Auto stimmt doch was nicht. So hat man am Ende die Vorbehalte produziert, gegen die man vorgeblich vorgehen will.
Wer wirklich möchte, dass man dem Auto eine Chance gibt, der wird es anders anfangen. Man kommt mal mit einem Wagen vorbei und lädt zu einer kleinen Fahrt ein. Dabei lässt man den Fahrer in Ruhe, damit er sich selbst ein Urteil bilden kann. Ist der Wagen gut, wird man schon von selbst darauf kommen. Ansonsten verbreitet man positive Vibes statt bitterer Vorwürfe. Allerdings kann es natürlich sein, dass er trotzdem zu einem anderen Schluss kommt. Damit muss man dann leben.
Die ständigen Belehrungen helfen eben wenig. Zum einen hat man schnell den Verdacht, der andere wolle sich aufspielen. Und zum anderen fängt man an, dass Thema zu meiden, weil man es nur mit Negativem verbindet. Besonders wird man demjenigen ausweichen, der einem gegenüber ständig als Lehrer und Erzieher auftritt. Wenn man aber nicht anders kann, dann wird man anfangen, zu heucheln: „Ja, auch ich bin ein großer BMW-Fan.“ Dass man dann beginnen muss, dem anderen etwas vorzumachen, wird einen noch mehr erbittern. Da wird man dann heimlich zum BMW-Hasser.
Wenn also der Pseudo-Antirassismus nichts bringt, was hilft? Watzlawick, so glaube ich mich zu erinnern, meinte, dass man Vorurteile ausräumt, indem man auf Menschen zugeht und ihnen hilft, Erfahrungen zu machen, die ihre Vorurteile widerlegen. Dabei gilt das Prinzip, dass positive Gefühle beim Lernen besser sind als negative. Dass es allerdings auch vorkommen kann, dass Vorurteile bestätigt werden, ist allgemeines Lebensrisiko. Doch warum wird dieser Ansatz nicht verfolgt und das Schimpfen eingestellt? Vermutlich, weil nicht jeder so unbedingt will, dass der Rassismus wirklich bekämpft wird. Immerhin könnte sich dann so mancher nicht mehr aufspielen, weil er eine Moralkeule gefunden hat, mit der er jeden Tat um sich schlagen kann. Wenn ein Löli sie einmal hat und ihre Macht spürt, wird er sie nämlich ungern wiederhergeben.
Christian Kümpel
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