Mutabor

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Die Ampel-Regierung arbeitet daran, dass man allein durch Mitteilung ans Standesamt sein Geschlecht ändern kann. Dies soll ab 14 Jahren möglich sein. In der FAZ hat allerdings ein Leser darauf aufmerksam gemacht, dass man die Wirklichkeit nicht durch eine Willensäußerung verändert. Täte man es, wäre es Willkür. Oder nicht eher Wahnsinn?

Freiheit wird begrenzt von Tatsachen. Nehmen wir an, ich wünschte mir ein Baum zu sein. Ich hätte sicher nicht die Freiheit einer zu werden, denn es ist objektiv unmöglich, sich in eine Birke zu verwandeln. Genauso unmöglich ist es auch, als Mann eine Frau zu werden. Doch scheint es in dieser Gesellschaft nun keinen Konsens mehr darüber zu geben, dass man das Unmögliche nicht erstreben sollte.

Sicher, es ist wohl der Menschheitstraum schlechthin, wie ein Gott zu sein. Denn war es nicht Zeus, der sich in jedes beliebige Tier verwandeln konnte? So soll es nun jedem von uns durch einen Sprechakt gelingen, sein Geschlecht zu ändern. Doch ist das nicht Hybris, also Wahnsinn?

Und was ist mit den Menschen, die nicht anerkennen wollen, dass es genügt, das Wort zu sagen, um sich zu verwandeln? In der Tat muss man jetzt diese Menschen zwingen, die Verwandlung anzuerkennen. Dazu wird es entsprechende Gesetze geben, die denjenigen bestrafen, der ebenfalls ein Freiheitsrecht nutzt, nämlich auszusprechen, was er sieht. Wer einen Mann in Frauenkleidern als Mann in Frauenkleidern bezeichnet soll nämlich mit Konsequenzen rechnen, wenn das Gesetz verabschiedet wird. So wird die Hybris höher bewertet, als die Freiheit, Tatsachen zu benennen.

Zu meinen, dass unsere Gesellschaft dem Verrückten huldigt, ist naheliegend. Wer Foucault ein wenig kennt, der wird nicht umhinkommen festzustellen, dass seine Ideen heutzutage perfekt umgesetzt werden. Wahnsinn, der von der modernen Gesellschaft an den Rand gedrängt wurde, wie er behauptet hat, rückt mit Macht in die Mitte der Gesellschaft und beginnt, sie zu dominieren. So sei es. Aber auch dafür bezahlt man einen Preis, nämlich den, dass man nun im Gegensatz zu früher den Wahnsinn nicht mehr Wahnsinn nennen darf. Das Programm besteht also darin, das Irre zu normalisieren, indem man ihm einen anderen Namen gibt, nämlich Freiheit. Wenn diese Diagnose richtig ist, dann wird es etwas mit dem Begriff Freiheit machen. Ich könnte mir vorstellen, dass Freiheit auf diese Weise bald in vielen Kreisen abgelehnt wird.

Es ist jedenfalls nun nicht mehr abwegig, davon auszugehen, dass wenn der Sprechakt entscheiden soll, Wirklichkeit zu schaffen, der Freiheitswahnsinn erst anfängt. Darf man jemanden, er mit 80 behauptet ein junger Mann zu sein, widersprechen? Darf man einem Kleinwüchsigen, der behauptet ein Riese zu sein, verlachen? Darf man einem Multimillionär, der in seiner Steuererklärung angibt, bettelarm zu sein, dies bestreiten? Wenn man die Tatsachen ins Benehmen des Einzelnen legt, ist jedenfalls alles möglich. Mutabor!

Christian Kümpel

Bild: Pixabay


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