Jänder Trouble

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Wie ist das eigentlich, wenn ich mein Geschlecht ändere? Wird meine Frau dann lesbisch? Immer vorausgesetzt, sie verlässt mich nicht, wofür sie gute Gründe hätte. Immerhin wäre man ja selbst auch angefressen, wenn man einen BMW bestellt und eine Schrottkarre erhält. Da heißt es schnell: Rücktritt vom Vertrag. Optisch ist jedenfalls ein modifizierter Männerkörper mit all den Narben und der maskulinen Anmutung nicht jedermanns Sache. Auch wenn darüber Frauenkleider hängen.

Aber der Vergleich hinkt. Immerhin bleibe ich ja immer noch Autofahrer, auch wenn die Karre vielleicht mies aussieht. Aber meine Frau wäre nicht mehr meine heterosexuelle Frau, sondern mein homosexueller Partner, wenn ich mich zur Frau erklärte. Das ist schon ein Unterschied.  

Anders wäre dies, wenn ich mich als homosexuell outen würde. Dann wäre meine Frau immer noch mit einem Mann verheiratet, sollte sie mir diese sexuelle Orientierung vergeben. Überhaupt waren und sind vermutlich viele Frauen mit Schwulen verheiratet. Gründe dafür, gäbe es genug. Zum Beispiel den, dass die Eltern des Homosexuellen einen gewissen Druck aufgebaut haben.

Aber bei einem lesbischen Paar könnte das schon wieder ganz anders aussehen. Nehmen wir an, die eine fühlt sich als Mann und nimmt das andere Geschlecht an. In dem Fall würde ja aus ihrer Partnerin eine heterosexuelle Frau werden, wenn die Partnerschaft bestehen bleibt. Wollte sie das?

Und vor allem, was will uns das sagen? Angesichts der zukünftigen Möglichkeiten, das Geschlecht zu wechseln, heißt es für viele, dass sich auch ihr Status relativ zu der Person, die sich zum Mann oder zur Frau machen lässt, verändern wird. Eltern haben plötzlich einen Sohn, Großmütter eine Enkeltochter und schwule Männer werden auf einmal heterosexuell, je nachdem, wie Kinder, Enkelkinder oder Partner sich gerade fühlen. Wobei es ja gesetzlich sogar möglich sein soll, das Geschlecht jedes Jahr zu wechseln.

Das ist nicht ganz trivial. Denn wenn auf der einen Seite meine Identität so bedeutsam sein soll, entscheidet nun jemand, der mir Nahe ist, wer ich bin, nämlich der Partner einer Frau oder eines Mannes. Das berührt also auch meine Identität.

Was wäre die Lösung? Nun, man könnte ja einfach unter der Prämisse heiraten oder eine Partnerschaft eingehen, dass das Geschlecht des anderen nur unter Vorbehalt gilt. Ich wäre also nicht mit einem Mann oder einer Frau verheirate, sondern mit einer Person, die sich zurzeit so oder so fühlt. Weitergedacht hätte das Transitorische den Charme, dass diese ganze Feminismus-Debatten endlich aufhörten. Denn wie können Frauen behaupten benachteiligt zu sein, wenn Sie morgen schon Männer sein könnten? Ihre Schuld! Sie könnten doch mal über Geschlechteränderung nachdenken! Und Männer, angeblich strukturell im Vorteil, sind vielleicht schon übermorgen als Frau diskrimiert, wenn sie sich geschlechtlich ändern. Das muss man jetzt mitdenken.

OK, man könnte nun einwenden, dass hört sich alles ziemlich verrückt an. Aber das ist ja eben das Interessante. Wenn der Einzelne ver-rückt sein darf, wie er will, dann muss die Gesellschaft es eben auch werden. Schon stimmt die Gleichung wieder. Von nun an hängen wir jedenfalls alle mit drin.

Christian Kümpel

Bild: Pixabay


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