Rassismus, Sexismus und andere Ismen, es wird bekanntermaßen immer schlimmer. Woran liegt es? Nicht unbedingt daran, dass es mehr davon gibt. Eher daran, dass die Sensoren auf ultraempfindlich gestellt worden sind. Beispiel gefällig. In den USA gibt es eine neue Bewegung. Man duscht dort weniger. Das spart Wasser und ist auch gut für die Haut. Weil aber nichts getan werden kann, ohne anderen zu signalisieren, was für ein guter Mensch man ist, machte die Hollywood-Prominenz ihre Wasserabstinenz umgehend bekannt. Doch nun droht die Rassismus-Falle. Denn das Nicht-Waschen ist ein weißes Privileg. Schwarze können es sich einfach nicht leisten zu stinken. https://www.mic.com/life/bragging-about-not-bathing-your-kids-is-a-blatant-act-of-white-privilege-82757199.
Natürlich ist es nicht erlaubt, jetzt laut zu lachen. Das machen wir lieber im Keller. Wenn wir uns dann wieder beruhigt haben, können wir uns ja mal fragen, wie unseren schwarzen, aber auch weißen Brüdern und Schwestern geholfen werden könnte. Mein Tipp: Man sollte die Psychologen fragen. Die haben festgestellt, dass Resilienz hilft. Resilient ist, wer es ohne Aufschrei durch den ach so rassistischen und sexistischen Alltag schafft. Ein gutes Beispiel für einen resilienten Menschen war übrigens Nelson Mandela, der nun weiß Gott Grund hatte, sich rassistisch bedrängt gefühlt zu haben. Doch hat er deswegen angefangen, sich zu beklagen? Nein! Er hat dem Gegner sogar die Hand ausgestreckt und ihn damit entwaffnet. Deshalb gilt er auch als sympathisch. Übrigens ist es ebenfalls eher abtörnend, damit anzugeben, dass man sich nicht wäscht. Auch wenn der Rassismus-Verdacht wieder mal sehr konstruiert erscheint. Doch zurück zu den konstruierten Mikroaggressionen, die man nur noch im Nano-Bereich messen kann.
Ja, ich weiß schon, wenn man nicht rumheulen oder mit abartigen Dingen nicht prahlen kann, dann ist man eigentlich fast kein Mensch mehr. Zumindest heutzutage. Sicher gäbe es auch Vorteile, mal was auszuhalten: Weicheier und Prahlhänse werden vielleicht gehört, aber nicht gemocht. Außerdem muss man immer empfindlicher werden, damit man überhaupt noch Rassismus bemerkt. Das geht ebenfalls auf die Psyche. Dennoch besteht keine Chance, dass wir uns zusammenreißen und aufhören, andere mit unseren peinlichen Empfindungen und Gedanken zu belästigen. Denn solange gilt „ich heule rum, also bin ich“ und solange diese Haltung von der Gesellschaft honoriert wird, solange wird sich die Empörungsmühle weiterdrehen. Das Phänomen kann man also zusammenfassen als erlerntes Empörungsyndrom. Durchaus ein Thema für Burrhus Frederic Skinner.
Christian Kümpel
Bild: Pixabay